Geduld.

Geduld heißt, den Dingen beim Entstehen zuschauen können. Wer keine Geduld hat (und drüber ungeduldig wird), übt im Grunde Selbstkritik: Ich habe die Dinge nicht richtig eingerichtet. Nicht genügend dafür gesorgt, dass sie sich entwickeln können. Sorry, aber: Ungeduld verweist auf eigene Fehler, nicht auf die Fehler der anderen (das heißt nicht, dass die anderen keine Fehler machen, das ist aber nicht der Punkt).

Ah. Jetzt wird die Sache handhabbar. Erst jetzt wird es möglich, selbst was zu unternehmen: ICH muss die Sache ANDERS EINRICHTEN. Damit sie meine Geduld nicht länger strapaziert.

Alles andere, Dinge, die mit uns nichts zu tun haben, Dinge, die wir nicht beeinflussen können, verlangen nicht nach Aktion, sondern nach etwas ganz anderem: Nach Verschieben der Aufmerksamkeit. Denn wir können es ja selber nicht beeinflussen.

Der Psychologe Eckhart Tolle erklärt es so:

»Impatience is a kind of complaint. And every complaint is a state of loss: the loss of control, the loss of perspective, the loss of goals and purpose, the loss of being able to solve, the loss to adapt to situations, the loss of being able to change the situation – and / or oneself.«

Schau’n Sie den nachfolgenden drei Bildern beim Entstehen zu. Und stellen Sie sich vor: Den Dingen beim Entstehen zu helfen, ist genauso einfach wie das Scrollen mit der Maus.

Zu einfach? Vielleicht. Aber: Wieso wollen Sie’s schwer haben? Oder vielleicht zutreffender gesagt: Wieso wollen Sie’s schwer denken?

Unsere Haltung ist einfach (sic!). Wir sagen: »Things are neither good (easy) nor bad (difficult) – but thinking makes them so.« 

Was im Entstehen ist, braucht Geduld. Gerade noch kaum zu erkennen . . .

. . . wird es langsam deutlicher, gewinnt es an Form und Farbe . . .

. . . und erreicht schließlich seinen Zielzustand – in diesem Fall ist es ein Gemälde von James McNeill Whistler.

Noch ein Wort:

»Man läßt sich seine Mängel vorhalten, man läßt sich strafen, man leidet manches um ihrer willen mit Geduld; aber ungeduldig wird man, wenn man die Mängel ablegen soll.«

Goethe — Wahlverwandtschaften